Eryn war zu neugierig, um den Brief nicht vom Boden zu heben und anzusehen. Doch viel schlauer als zuvor war sie Sekunden darauf nicht.
Zitat
„Mein geliebter Sohn,“
...
Sie blickte auf und erwiderte das Lächeln des Arztes, als er ihr das kleine Döschen präsentierte, das er ihr vermachen wollte. Es schien sich vielleicht doch jemand um sie zu scheren. Wobei Will als Arzt vemutlich nur zu freundlich war, um nicht ständig jede Form von Hilfe anzubieten. Dennoch hielt es sich bei dem was er ihr schenken wollte in diesen Zeiten schon um einen kleinen Schatz. Jedoch schüttelte sie mit dem Kopf. "Ich wüsste nicht mal, wie ich das benutzen soll!", erklärte sie ihm. "Behalte es einfach! Und, wenn ich es doch dringend brauchen sollte, dann frag ich dich und du hilfst mir dabei, es zu nehmen, okay?" Sie grinste. "Vorausgesetzt, du willst den Kontakt mit mir nicht vermeiden." - "Nein, wieso sollte ich?"
Ohne ihm zu antworten fiel ihr wieder der Brief in ihrer Hand ein. "Oh, und den geb ich dir besser auch zurück!", sagte sie und drückte ihm das Stück Papier wieder in die Hände. Es war nicht viel, doch es war ihm auch nicht egal. Sonst hätte er den Fetzen wohl nicht bis hierher mitgenommen. Er musste um seinen Vater besorgt sein. "Ich kenne sowas...", meinte die Barfrau dann. "Man schreibt sich irgendetwas total Wichtiges auf, wird dann unterbrochen und später hat man dann vergessen, was man eigentlich schreiben wollte. Oder dass man überhaupt etwas schreiben wollte." Sie grinste.
"Ich war eh immer schlecht darin. Im Dusty Derreck's, wenn ich die Bestellungen aufnehmen musste zum Beispiel." Es war ein schönes, nostalgisches Gefühl, sich an vergangene Tage zu erinnern. "Ohne Zettel keine Chance, ich kann mir einfach die meisten Dinge nicht merken. Und mit Zettel... ich schreib's auf, stecke es weg und... später find ich's nicht wieder. Das ist das Problem an Kleidern. Sie haben normalerweise keine Taschen." Wieder ein Schmunzeln. "Der Vorteil an Kleidern: Man sieht darin gut genug aus, dass es die Gäste nicht stört, wenn man noch mal nachfragt, was sie wollen."
Auch Will schmunzelte jetzt. "Das würde bei mir nicht funktionieren", sagte er, brachte die Schönheit zum Lachen. "Ich weiß nicht. Dann wärst du eben seriöser Arzt und heiße Krankenschwester in einem!", scherzte sie. "Nein, aber ernsthaft. Was ich sagen will: Ich war nicht mal wirklich für den Job geeignet, wenn ich ehrlich bin. Und trotzdem kamen die meisten wegen mir. Derreck hat unglaublich viel für den Laden getan, auch, wenn er das selbst immer heruntergespielt hat. Und Vincent..." - die Unbeschwertheit in ihrer Stimme machte kurzzeitig einem bedrückten Tonfall platz - "... war sowieso zehn mal so fleißig wie ich. Das hätte ich ihm ruhig mehr zeigen können..."
Gerade als ihre steigende Laune drohte, wieder abzufallen, erinnerte Snowball Eryn mit einem freundlich zwickenden Tatzenhieb auf Kniehöhe an ihre Existenz. Als sie die Glasscherbe hob, um noch mal einen Blick auf ihre Nase werfen zu können und dabei lächelte, stellte sie zwischen Erleichterung und Freude fest, dass auch wieder etwas Farbe in ihr Gesicht getreten war.